Als Musikerin kam ich 1996 zum ersten Mal mit Hospiz in Berührung. Mein Schwiegervater lag damals im Sterben – ich selbst war schwanger, spürte das werdende Leben in mir und studierte gerade intensiv mit einem großen Chor G.F. Händels „Messias“ ein. Die persönliche Betroffenheit ermöglichte – ja verlangte – eine andere Form der Auseinandersetzung mit dem geistlichen Inhalt dieses Werkes. Händel komponierte den „Messias“ in einer ausweglosen Situation; er war physisch und psychisch am Ende. Die Worte der Hl. Schrift haben ihm Lebensfreude und Schaffenskraft zurück gebracht. Und so widmete er dieses Werk auch den kranken, leidenden und sterbenden Menschen und nahm dafür kein Geld an. Der „Messias“ zeigt in einzigartiger Weise, dass Leben und Tod untrennbar miteinander verbunden sind. Er gibt Hoffnung, dass wir im Tod nicht allein gelassen sind, sondern hinein genommen werden in die Liebe Gottes. Nicht zufällig hat die internationale Hospizbewegung dieses Werk als ihr musikalisches Vermächtnis gewählt. In Benefizkonzerten für Hospiz sehe ich meine besondere Aufgabe darin, die inneren Lebensprozesse geistlicher Musik transparent zu machen, um auf diese Weise zu trösten und Kraft und Hoffnung zu geben.