Das Motto des 18. Weltkongresses der Europäischen Palliativgesellschaft in Rotterdam
25 Teilnehmer:innen aus Österreich besuchten den ersten Weltkongress für Palliative Care in Präsenz nach der Pandemie.
Der Kongress war ein bedeutendes Ereignis für die Hospiz- und Palliativbewegung. Fast 1.800 Experten und Expertinnen aus der ganzen Welt diskutierten über aktuelle und zukünftige Entwicklungen, um gemeinsam zu lernen, wie viel mehr Menschen Hospiz- und Palliativversorgung zuteilwerden kann. Nach der langen Zeit, in der solche Begegnungen nicht möglich waren, bot Rotterdam eine wertvolle Gelegenheit, sich über die neuesten Forschungsergebnisse und Erfahrungen auszutauschen und sich zu vernetzen.
Eine häufig genannte Herausforderung war die Notwendigkeit, dass sich die Hospiz- und Palliativbewegung der Bedürfnisse einer immer vielfältigeren Gesellschaft bewusst wird und Lösungsansätze für die daraus sicht- und spürbar werdenden Probleme finden muss.
Damit einher geht auch die Frage des gerechten Einsatzes von Ressourcen und auch, wen wir aus welchen Gründen noch nicht erreichen. Vulnerabilität hat sich im Laufe der letzten Jahre weiterentwickelt.
Zentrale Themen waren: die Bedeutung der Betroffenen- und Familienzentrierung in der Hospiz- und Palliativversorgung, die Rolle von Technologie und Innovation sowie die Bedeutung von Forschung und Bildung in der Palliative Care.
Darüber hinaus wurden auch Herausforderungen wie kulturelle Sensibilität und Vielfalt in der Palliativversorgung sowie die Integration der Palliativversorgung in das gesamte Gesundheitssystem diskutiert.
Diversität in der Palliativversorgung liegt unter anderem darin, dass jede:r Betroffene einzigartig ist und unterschiedliche Bedürfnisse und Wünsche hat, und bezieht sich auf Unterschiede in Bezug auf Kultur, Sprache, Religion, Geschlecht, sexuelle Orientierung oder beispielsweise das Alter. Nicht nur ist die Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung, Bedürfnisse und Wünsche auf einer individuellen, personenbezogenen Ebene zu verstehen und darauf einzugehen, sondern auch die besonderen Bedürfnisse und Erfahrungen einzelner Gruppen im Gesamtkontext der Gesellschaft sowie des Medizin- und Sozialsystems zu kennen. Nicht selten entstehen durch Unkenntnisse oder Unachtsamkeit Diskriminierungserfahrungen, manchmal bleibt der Weg in die Hospiz- und Palliativversorgung bzw. zu einer hochwertigen Begleitung am Lebensende für bestimmte Personengruppen sogar verschlossen.
Im Vergleich zu anderen Ländern wurde sichtbar, dass in Österreich bereits vieles umgesetzt wurde. Besonders hervorzuheben, auch im internationalen Vergleich, ist der Vorteil einer geregelten Finanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung, eingebettet in ein gut entwickeltes Gesundheits- und Sozialsystem.
Doch es gibt auch in Österreich einige Themen, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen.
Wissenschaftlich begleitete Projekte zeigen klar, dass in einer multiprofessionell aufgestellten Grundversorgung Hospizkultur und Palliative Care dringend notwendig sind, um sich auf die alternde Gesellschaft einzustellen. Nur so können wir mit der wachsenden Zunahme an chronisch schwerkranken und hochbetagten, sterbenden Menschen gut zurechtkommen und diesen Menschen eine gute Begleitung bis zuletzt bieten. Zwar ist der Bereich der Pflegeheime mittlerweile gut ausgebaut, aber Hospizkultur in der Hauskrankenpflege ist bislang nur in einigen Bundesländern im Aufbau.
Aufholbedarf gibt es in Österreich in den Themenbereichen: Hospiz- und Palliativversorgung für Menschen mit Behinderungen, für Menschen, die von Armut, sozialer Isolation und Obdachlosigkeit betroffen sind, für Menschen in Gefängnissen, für Menschen mit erheblichen Sprachbarrieren und auch für Personen aus der LGBTIQA+ Community. Innovationspotenzial liegt auch im Einsatz von technischen und digitalen Möglichkeiten.
Der Kongress hat Horizonte erweitert und Netzwerke gestärkt. Wenn Sie das nächste Mal dabei sein möchten, haben Sie die Möglichkeit 2024 beim EAPC Research Kongress in Barcelona und 2025 beim EAPC Weltkongress in Helsinki.