
Schule und Hospizhaus schaffen Raum für Begegnung und fördern eine Nachbarschaft des Miteinanders
Gabi Ziller ist Mitarbeiterin in den Projekten zu Hospizkultur und Palliativ Care der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft (THG). Stellvertretend für die Tiroler Hospiz-Gemeinschaft ist Gabi Ziller Teil der „österreichischen Gruppe“ des iCare Projekts. Gabi ist jedoch nicht nur an der Akademie der THG tätig, ihr Wirkungsfeld reicht darüber hinaus: Man findet Gabi oft in Alters- und Pflegeheimen sowie in Sozial- und Gesundheitssprengeln. Mit ihrem Hintergrund in PR & Marketing und der Entwicklungszusammenarbeit setzt sie auf das, was wirklich zählt – Menschen zu verbinden. Ihr Leitsatz: „Es sind die Begegnungen mit Menschen, die dem Leben Wert und Wärme verleihen.“
Aufbauend auf diesen Leitgedanken entstand das Teilprojekt „Lebenswege verbinden“, das im folgenden Beitrag vorgestellt wird.
Was macht das Projekt „Lebenswege verbinden“ aus und was macht es wichtig? Was ist das Ziel?
Seit 2018 befinden sich das Hospizhaus Tirol und das Schulzentrum Hall in Tirol in direkter Nachbarschaft. Von Beginn an gab es in der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft (THG) die Idee, Schüler:innen und Lehrkräften die Arbeit im Hospizhaus näherzubringen.
Der THG ist das Abbauen von Berührungsängsten und Vorurteilen gegenüber den Themen Abschied, Tod und Trauer ein zentrales Anliegen. Dieses Anliegen verfolgt auch das Projekt „iCare“, das ja darauf abzielt, den Tod als natürlichen Teil des Lebens darzustellen und gesellschaftlich zu enttabuisieren.
Diesem Gedanken folgend ist es uns bei unserem Teilprojekt wichtig, zu zeigen, wie lebendig unser Hospizhaus ist. Angestoßen durch den Auftrag, im Rahmen des iCare Projekts ein Teilprojekt auf den Weg zu bringen, kam es zu ersten Gesprächen mit einer Lehrkraft der benachbarten Sonderschule (ASO) und schnell war klar, dass auch von Seiten der Schule der Wunsch bestand, einander kennenzulernen.
Nach einer Erstinformation an die Eltern wurde ein Kennenlernvormittag zwischen Schüler:innen und Patient:innen organisiert, und nach einem ersten gegenseitigen „Beschnuppern“ wurden weitere Schritte geplant und umgesetzt.
Zu Beginn bestand Unsicherheit, wie Kinder mit Beeinträchtigungen aus der Allgemeinen Sonderschule auf die Begegnung mit Patient:innen aus dem Tageshospiz reagieren würden. Es zeigte sich jedoch, dass anfängliche Zurückhaltung eher ihrem schüchternen Wesen als den Patient:innen im Tageshospiz geschuldet war. Schon beim zweiten Treffen bewegten sich die Kinder unbefangener und fröhlich im Hospizhaus und holten die Patient:innen zu gemeinsamen Treffen ab.
Diese Begegnungen zeigen auf, wie wichtig es ist, Barrieren durch Offenheit abzubauen. Die Zusammentreffen fördern eine wertvolle und unvoreingenommene Perspektive, sowohl für die Kinder als auch für unsere Patient:innen.
Wie weit ist die Umsetzung von „Lebenswege verbinden“?
Unser zentrales Ziel ist es, die Scheu vor den Themen Tod und Trauer abzubauen, die Türen der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft zu öffnen und Menschen einzuladen, ihre Nachbarn kennenzulernen. Durch vielfältige Aktivitäten, bei denen Schüler:innen und Patient:innen des Tageshospizes miteinander in Kontakt kamen, sind wir diesem Ziel ein Stück näher gekommen.
So gab es beispielsweise eine Führung durch die Schule für die Patient:innen, die Einblicke in den Schulalltag bot. Darüber hinaus wurden gemeinsame kreative und gesellige Veranstaltungen organisiert, wie Töpfern, Backen, ein Spielevormittag sowie Spaziergänge, bei denen der Austausch und die Begegnung im Vordergrund standen.
Die Reaktionen der Schüler:innen und der Patient:innen auf die gemeinsamen Aktivitäten waren durchwegs positiv und beeindruckend. Die Kinder fühlten sich im Tageshospiz sichtlich wohl und zeigten ein Verhalten, das überraschend ruhig und gelassen war – selbst bei Schüler:innen, die sonst eher unruhig sind. Sie bestaunten die Umgebung mit einer Gelassenheit, die deutlich machte, wie angenehm und entspannend die Atmosphäre für sie war.
Auch die Patient:innen des Tageshospizes zeigten sich sehr erfreut über die Begegnungen und nahmen die Aktivitäten als wertvolle Abwechslung wahr. Besonders die gemeinsamen kreativen und spielerischen Veranstaltungen, wie Töpfern, Backen und Spielen, schufen eine entspannte und herzliche Atmosphäre, die die Verbindung zwischen den beiden Gruppen stärkte. Spaziergänge und die Führung durch die Schule wurden ebenfalls als bereichernd empfunden.
Das Zusammentreffen dieser zwei vulnerablen Gruppen verdeutlichte, wie menschlich und verbindend solche Begegnungen sein können. Beide Seiten konnten voneinander profitieren und eine unvoreingenommene, respektvolle Perspektive entwickeln.
Wie geht es weiter, was ist geplant?
Für die kommende Zeit planen wir eine Reihe von weiteren Aktivitäten, wie zum Beispiel:
- In der Sonderschule werden zwei Sozialarbeiterinnen der THG in vier Unterrichtseinheiten die Themen Abschied, Tod und Trauer behandeln und so den Schülerinnen und Schülern auf altersgerechte und auf ihre kognitiven Fähigkeiten abgestimmte Weise näherbringen.
- weitere Begegnungsvormittage zwischen Schüler:innen und Patient:innen
- Anfang Mai wird eine Schülerin im Tageshospiz ein fünftägiges Schnupperpraktikum absolvieren, um tiefere Einblicke zu erhalten.
- Im Frühjahr sind die Lehrkräfte des Schulzentrums ins Hospizhaus eingeladen, um die Arbeit der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft kennenzulernen und Fragen stellen zu können.
- Zum Schuljahresende ist ein Abschlussnachmittag geplant, der entweder im Hospizcafé oder im Freien stattfinden soll. Diese Veranstaltung ist für alle Beteiligten gedacht: Schüler:innen und ihre Eltern, Lehrpersonen, Patient:innen sowie Mitarbeiter:innen des Hospizhauses.
Wie werden die Lernerfolge und die Nachhaltigkeit des Projekts sichergestellt?
Nach Ende des Schuljahres werden alle gemeinsamen Aktionen evaluiert. Damit das Projekt nachhaltig Bestand haben kann, sollen „Aktivitäten-Bausteine“ entstehen, die unabhängig von den bisherigen Verantwortlichen umgesetzt werden können. So soll der lebendige Austausch zwischen Schule und Tiroler Hospiz-Gemeinschaft auch in Zukunft gewährleistet bleiben.
Vielen Dank für das Gespräch!
Gespräch führte Marianne Buchegger, Leiterin eines Tageszentrums der CS Caritas Socialis
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Connecting Lives
Creating Space for Encounters Between Schools and the Hospice House, Fostering a Neighborly Spirit of Togetherness
Gabi Ziller is a staff member involved in the projects on hospice culture and palliative care at the Tiroler Hospiz-Gemeinschaft (THG) (https://www.hospiz-tirol.at/). Representing the THG, she is part of the Austrian group within the iCare project. However, Gabi’s work extends far beyond the THG Academy: she can often be found in care homes for the elderly, residential care facilities, and community health and social services centers. With a professional background in public relations, marketing, and international development cooperation, her focus is on what truly matters — connecting people. Her guiding principle: “It’s the encounters with people that give life value and warmth.”
Based on this philosophy, the sub-project “Connecting Lives” was created, which is presented in the following report.
What makes the “Connecting Lives” project special and why is it important? What is your goal?
Since 2018, the Hospice House Tirol and the nearby school center in Hall in Tirol have shared a direct neighborhood. From the very beginning, there was a vision within the Tiroler Hospiz-Gemeinschaft to bring the work of the hospice closer to students and teachers. A central concern of the THG is to break down fears and prejudices surrounding the topics of loss, death, and grief. This mission is closely aligned with the goals of the iCare project, which seeks to portray death as a natural part of life and to help dismantle societal taboos around this subject.
In keeping with this vision, it was especially important in our sub-project to show how vibrant and full of life the Hospice House is. Inspired by the invitation to develop a sub-project within iCare, initial conversations were held with a teacher from the neighboring special education school (ASO). It quickly became clear that there was also a desire from the school to get to know one another. Following an initial information session for parents, a morning meeting between students and hospice patients was organized. After a first, tentative encounter, further meetings and activities were planned and implemented.
At the beginning, there was some uncertainty about how children with disabilities from the special needs school would respond to meeting patients from the day hospice. It soon became apparent, however, that any initial hesitation was more due to the children’s natural shyness than any discomfort with the hospice setting. By the second meeting, the children were moving around the Hospice House more freely and happily, even coming to pick up the patients for shared activities.
These encounters clearly demonstrate how valuable it is to break down barriers through openness. The meetings foster a meaningful, unbiased perspective for both the children and our patients.
How far along is the implementation of “Connecting Lives”?
Our primary goal is to reduce fears surrounding death and grief, to open the doors of the Tiroler Hospiz-Gemeinschaft, and to invite people to meet their neighbors. Through a variety of activities bringing students and day hospice patients together, we have moved a step closer to achieving this goal.
For example, there was a guided tour of the school for the hospice patients, offering them insights into daily school life. In addition, creative and social activities were organized together — such as pottery, baking, a game morning, and walks — all designed to promote interaction and connection.
The reactions of both the students and the hospice patients to these shared experiences were consistently positive and often moving. The children appeared visibly at ease in the hospice environment, displaying unexpectedly calm and relaxed behavior — even those who were otherwise typically more restless. They curiously observed their surroundings with a calmness that clearly showed how welcoming and soothing the atmosphere felt to them.
Similarly, the hospice patients expressed their joy at these encounters and valued the activities as a welcome change in their routine. The shared creative and recreational experiences — like pottery, baking, and playing games — created a warm and relaxed atmosphere that strengthened the bond between the two groups. Walks together and the tour of the school were also experienced as enriching and meaningful.
This coming together of two vulnerable groups clearly demonstrated how deeply human and connective such encounters can be. Both sides benefited from the experience, developing a respectful and open-minded perspective toward one another.
What’s next — what are the future plans?
In the coming months, we are planning a series of additional activities, including:
Two social workers from the THG will visit the special education school to deliver four classroom sessions on the topics of farewell, death, and grief, tailored in both content and language to suit the students’ age and cognitive abilities.
Further morning encounters between students and hospice patients will take place.
In early May, one student will complete a five-day trial internship in the day hospice to gain deeper insights.
In the spring, teachers from the school center will be invited to visit the Hospice House to learn more about the work of the Tiroler Hospiz-Gemeinschaft and to ask questions.
At the end of the school year, a closing afternoon event is planned, which will take place either at the hospice café or outdoors. This gathering will bring together all those involved: students and their parents, teachers, patients, and hospice staff.
How are learning outcomes and the sustainability of the project being ensured?
At the end of the school year, all joint activities will be carefully evaluated. To ensure that the project remains sustainable, a collection of “activity modules” is being developed. These modules can be used independently of the current project leads, helping to secure the continuation of this lively and meaningful exchange between the school and the Tiroler Hospiz-Gemeinschaft in the future.
Thank you!
The interview was conducted by Marianne Buchegger, Head of a CS Caritas Socialis day centre