Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

Der VSD Vorsorgedialog® – vorausschauend für das Lebensende planen

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Eine alte Frau, es ist Frau Klug, liegt in ihrem Bett, umringt vom Sanitäter Herrn Hilfsbereit, dem Notarzt Dr. Schnell und ihrer Bezugspflegerin, Frau Sorge. Frau Jung, ihre Tochter, eilt bestürzt zum Bett ihrer Mutter……  Die Erzählerin berichtet, dass Frau Klug am nächsten Morgen, so wie sie wollte, im Pflegeheim versterben konnte, da ihr Wille und ihre Wünsche  gut dokumentiert waren.

Die Teilnehmer*innen der Fachtagung zum VSD Vorsorgedialog® sind am Ende der szenischen Darstellung sehr berührt. Auch mir als Erzählerin verschwimmen die Buchstaben beim Lesen vor den Augen.

Am 26. November 2019 lud Hospiz Österreich Entscheidungsträger und Praktiker*innen aus der sozial-medizinischen Grundversorgung zu einer Fachtagung zum VSD Vorsorgedialog®.  Die szenische Darstellung eines VSD Vorsorgedialogs® (VSD) in seinen verschiedenen Schritten durch Menschen, die in der Praxis viel mit diesem Instrument der vorausschauenden Planung arbeiten, stand nach den einführenden Worten am Beginn der Tagung.

Aus den Wortmeldungen während und nach der Fachtagung  wurde deutlich, dass viele erst durch diese Darstellung  gut aufnehmen  konnten, was der VSD ist und kann.

Was ist ein VSD Vorsorgedialog®?

Der VSD Vorsorgedialog® ist ein Gesprächsprozess in Alten- und Pflegeheimen zwischen Bewohnerin bzw. Bewohner, Ärztin/Arzt, Pflegenden, und falls von der Bewohnerin bzw. dem Bewohner gewünscht, auch Angehörigen/Vertrauenspersonen. Das Ziel dabei ist es, einen Raum zu schaffen, in dem Bewohner*innen über ihre Wünsche und Bedürfnisse zu einem guten Leben im Heim und für ein würdevolles Sterben sprechen können. Hierbei kann es, sofern die Bewohnerin/der Bewohner das möchte, auch um konkrete Fragen zur eigenen Einstellung gegenüber Sondenernährung, Krankenhausaufenthalten und Reanimationswunsch gehen. Das Ergebnis des Gesprächs wird schriftlich dokumentiert und durch die Unterschrift aller Anwesenden bestätigt. Sofern die Bewohnerin/der Bewohner das wünscht, kann auch das „Krisenblatt“ ausgefüllt werden. Es ist darin möglich, medizinischen Maßnahmen (z.B. Reanimationswunsch oder Krankenhaustransfer, wenn das Sterben absehbar ist) zuzustimmen oder diese abzulehnen. Das Betreuungsteam hat so eine wichtige Grundlage, um Behandlungsentscheidungen im Sinne der Bewohnerin/des Bewohners zu treffen, wenn diese/dieser sich dazu nicht mehr äußern kann.

Der Mensch im Mittelpunkt

Der Vorsorgedialog ist ein Angebot des Betreuungsteams –er ist ein niederschwelliges Instrument zur Selbstbestimmung und unterstützt alle: die Bewohner*innen, das Betreuungsteam inklusive Ärzt*innen und Notärzt*innen, Angehörige und Vertrauenspersonen.

Im Mittelpunkt des Gesprächs steht immer der Wille der Bewohnerin/des Bewohners. Wenn sie/er sich nicht mehr selbst dazu äußern kann, versucht das Betreuungsteam, zusammen mit Angehörigen und Vertrauenspersonen, ihren/seinen mutmaßlichen Willen zu erheben. Der mutmaßliche Wille wird durch das sorgfältige und genaue Zusammentragen von relevanten Äußerungen, Beobachtungen, Aufzeichnungen der Bewohnerin/des Bewohners vor der Erkrankung und seit dem Einzug ins Pflegeheim ergründet.

Konkrete Durchführung und Hindernisse

Eine Evaluierung des VSD in den Alten- und Pflegeheimen läuft von 2017 – 2020. In Österreich bieten im Moment rund 30 Heime, die das Projekt „Hospizkultur und Palliative Care in Alten- und Pflegeheimen“ durchlaufen haben,  ihren Bewohner*innen den VSD Vorsorgedialog® an. Erste Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass das Angebot des Vorsorgedialogs sehr gerne angenommen wird. Manche Heime berichten von 60-80% der BewohnerInnen, andere von beinahe 100%, die ein derartiges Gespräch führen möchten.

Das einzige und schwerwiegende Problem bei der Umsetzung des Vorsorgedialogs ist die nach wie vor fehlende Finanzierung. Es geht um die Abgeltung des zeitlichen Mehraufwands für die Ärztinnen, Ärzte und die Pflegenden. Die Zustimmung der Betreuenden aller Professionen und auch der Entscheidungsträger zu diesem Instrument ist hoch, das Geld fehlt.

Rechtlicher Status des VSD

Rechtlich gesehen ist der VSD Vorsorgedialog® eine andere Patientenverfügung (§§ 8, Patientenverfügungs-Gesetz), wenn die Bewohnerin/der Bewohner zum Zeitpunkt der Erstellung entscheidungsfähig ist und deren/dessen Unterschrift vorliegt. Außerdem ist der Vorsorgedialog im Erwachsenenschutzgesetz als Instrument erwähnt, das Menschen dabei unterstützt, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen (§239 Abs. 2ff., ABGB).

Anna H. Pissarek, Dachverband Hospiz Österreich

Eine sehr gute, lebendige und vertiefende Einführung in das Thema gibt folgender Beitrag in der Zeitschrift Lebenswelt Heim, den meine Fachkolleginnen Sigrid Beyer und Naida Dzaka geschrieben haben: ->> Zum Beitrag

Mehr zum Thema insgesamt unter https://www.hospiz.at/fachwelt/vorsorgedialog/