Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich

„Und, was machst Du so beruflich?“ – Warum es gerade jetzt wichtig ist, über Hospiz und Palliative Care zu sprechen.

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Eine Party, man kennt nicht alle Gäste und das Gespräch über den Job ist etwas Naheliegendes und mitunter das erste Gesprächsthema. Haben Sie, liebe*r Leser*in, der*die sich beruflich oder im Ehrenamt mit dem Thema Hospiz und Palliative Care beschäftigt, auch schon solche Sekunden des Innehaltens erlebt? Das eigene Innehalten, das einem Zeit zum Überlegen gibt, ob man der Stimmungskiller auf dieser Party sein wird, wenn man erzählt, dass unser tägliches Brot die Arbeit mit Sterbenden ist? Oder das Innehalten der anderen Person, die gehofft hat, dass wir Architekt*innen, Schönheitschirurg*innen oder Weltumsegler*innen sind, aber dann etwas betreten die Schlieren des Rotweinglases betrachtet, wenn wir sagen, was wir wirklich tun?

Die Versorgung, Begleitung oder Behandlung von Menschen am Lebensende ist ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit. Wir dürfen aber eines nicht vergessen: Wir alle sind auch wichtige, wenn nicht sogar die wichtigsten Botschafter*innen zum Thema Hospiz und Palliative Care. Studien zeigen, dass gerade Mitglieder von Gesundheitsberufen zu den wichtigsten Multiplikator*innen unseres Themas gehören. Wer, wenn nicht wir (neben Patient*innen und deren Angehörigen), können authentisch von Lebensqualität am Lebensende durch Hospiz- und Palliativversorgung erzählen?

Was Hospiz und Palliative Care ist, wird von vielen Menschen nicht ausreichend oder gänzlich falsch verstanden. In einigen europäischen Ländern – nämlich Schweden, Irland, Italien und Deutschland -wurde untersucht, was die allgemeine Bevölkerung unter Palliative Care versteht. Zum einen gab es eine klare Tendenz, wer überhaupt richtige Assoziationen mit dem Thema hat. Es sind am ehesten gut gebildete und gut verdienende Frauen ab 40, die im optimalen Falle selbst im Gesundheitswesen arbeiten und / oder selbst bereits im Freundeskreis oder in der Familie einen Menschen erlebt haben, der Palliative Care erhalten hat.

Zum anderen wurde klar, dass das Wissen zu Hospiz und Palliative Care sehr eingeschränkt ist.

Würde man die Erkenntnisse aus diesen Studien – etwas provokant – in einer „Definition“ für Palliative Care zusammenfassen, so könnte diese so lauten: „Palliative Care ist die Versorgung von schwer erkrankten Krebspatient*innen am unmittelbaren Lebensende, sodass diese mit guter Schmerztherapie friedlich sterben können“. Nun sind diese Assoziationen nicht grundsätzlich falsch, aber es fehlen viele wichtige und zentrale Aspekte, die erst dann zu einer noch hilfreicheren Vorstellung von Palliative Care werden.

Wir alle wissen, dass auch folgendes in der Hospiz- und Palliativversorgung seinen Platz findet: Die Begleitung von Angehörigen und Freund*innen, die Beachtung von psycho-sozialen und spirituellen Herausforderungen, die Möglichkeit von präventivem und frühzeitigem Einsatz der Palliative Care, damit Situationen erst gar nicht außer Kontrolle geraten, die Fokussierung auf die Lebensqualität und das Leben, die Behandlungsmöglichkeit von vielen weiteren Symptomen neben dem Schmerz, die Förderung von Selbstständigkeit, Selbstbefähigung und Autonomie, die Begleitung in der Trauer und die Möglichkeit, dass Hospiz und Palliativversorgung auch zuhause, ambulant oder in einem Tagessetting durchgeführt werden kann.

Sie alle haben viele Geschichten zu erzählen, die diese Sätze anschaulich mit Leben füllen können. Diese Geschichten sind heilsam und gerade in Zeiten wie diesen wichtiger denn je. Berichte darüber, was Sie konkret tun und dass durch palliative Begleitung und hospizliche Haltung die Kontrolle über das, was im eigenen Leben wichtig ist, gefördert wird.

Wie gut, dass es nun wieder mehr Partys geben wird. Partys, auf denen Sie erzählen können, dass Sie beruflich oder in Ihrer Freizeit etwas ganz Besonderes tun dürfen: Menschen dabei zu helfen, bis zuletzt gut zu leben.

Wir vom Dachverband wünschen Ihnen viel Freude bei diesen Gesprächen, wir haben hohe Achtung vor dem, was Sie täglich tun. Wir erheben unsere Partygläser und sagen Ihnen Danke für Ihre wichtigen Botschaften – ganz nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber!

McIlfatrick S et al. (2013) Public awareness and attitudes toward palliative care in Northern Ireland. BMC Palliative Care 2013, 12:34
Westerlund C et al. (2018) Public awareness of palliative care in Sweden. Scandinavian Journal of Public Health; 2018; 46; 478 – 487
Deutscher Hospiz- und Palliativverband (2017). Sterben in Deutschland – Wissen und Einstellungen zum Sterben. Unveröffentlichter Bericht
Benini F et al. (2011). Awareness, understanding and attitudes of Italians regarding palliative care. Ann 1st Super Sanita. Vol. 47. No 3; 253-359

Rainer Simader leitet seit 2019 den Bildungsbereich im Dachverband Hospiz Österreich und ist auch Mitglied des Leitungsteams des Universitätslehrgangs Palliative Care. Als Bildungsbeauftragter und Autor ist eines seiner Ziele, dass auch die breite Bevölkerung besser versteht, was Hospiz- und Palliative Care leistet.

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