„Heute geh ich mich besuchen. Mal sehen, ob ich zu Hause bin.“
Karl Valentin (1882-1948,deutscher Komiker, Musiker und Denker)
Ich möchte mich um mich kümmern. Ich weiß, nur wenn ich mich um mich kümmere, „gut bei mir bin“, dann kann ich andere unterstützen und stärken… Aber wie mache ich das?
In der heutigen, schnellen Zeit fällt es mir nicht immer leicht, mein Handy abzuschalten, meinen Kopf zu befreien, und mich mit mir und meinen Gedanken und Gefühlen auseinander zu setzen. Und doch stelle ich immer wieder fest, dass es genau das ist, was ich notwendig brauche.
Zeit mit mir selbst – das ist ein zentrales Element der Selbstfürsorge, des Sorgens um mich selbst. Im Laufe der Jahre habe ich bemerkt, dass Selbstfürsorge nicht bedeutet, mir einfach einmal einen Nachmittag frei zu nehmen und „nichts zu tun“. Selbstfürsorge bedeutet viel mehr das stete Arbeiten an mir selbst, das „Bei mir sein“ und „Zu mir kommen“ – immer wieder aufs Neue auszuloten, was ich will und was nicht. Was für mich passt und was nicht. Wer ich bin und sein will und wer nicht.
Die deutsche Psychoanalytikerin Luise Reddemann nennt in ihren Arbeiten insgesamt fünf Ebenen der Selbstfürsorge, die alle – bei jedem/r in unterschiedlichen Gewichtungen – in der Sorge um sich selbst bedacht sein wollen.
Als erste Ebene führt sie die körperliche Ebene an, also sich Zeit zu nehmen für zum Beispiel Bewegung, für medizinische Vorsorge. Den Körper gewissermaßen als Tempel wahrzunehmen.
Die zweite Ebene ist die emotionale Ebene. Reddemann meint damit, dass es essentiell ist, sich mit den eigenen Gefühlen zu beschäftigen, sie wahrzunehmen und das „Bauchgefühl“ ernst zu nehmen. Aber auch die Lebensfreude, das Genießen gehören zu dieser Ebene.
Die dritte Ebene, die beschrieben wird, ist die oben bereits genannte intellektuelle Ebene – sie meint die tatsächliche Auseinandersetzung mit den eigenen Gedanken, dem Selbst. Sozusagen den schonungslosen und furchtlosen, aber auch wohlwollenden Blick auf das eigene Selbst.
Als vierte Ebene nennt Reddemann die soziale Ebene. Hier geht es um die Menschen, mit denen wir uns umgeben, die wir lieben, mit denen wir arbeiten. Es geht darum, Kontakte zu pflegen und Konflikte auszutragen. Aber auch darum, sich selbst treu zu bleiben.
Als letzte Ebene der Selbstfürsorge beschreibt Luise Reddemann die spirituelle Ebene. Die eigenen Werte und Überzeugungen klar zu sehen, Dankbarkeit zu empfinden für das, was das Leben für uns bereithält.
Luise Reddemann betont immer wieder, dass Selbstfürsorge harte Arbeit ist – nichts, was sich im Vorbeigehen und ohne die notwenige Achtsamkeit erarbeiten lässt. Selbstfürsorge ist auch kein einmaliges Ereignis, etwas, das mit einem Wellnesstag erledigt ist.
Die Sorge um uns selbst ist ein andauernder Prozess. Ein Prozess, der uns als Menschen immer wieder aufs Neue fordert, aber letztlich notwendig ist, damit wir zu uns selbst finden.
Marianne Buchegger